Es ist an der Zeit…

… Abschied zu nehmen

Liebe Blogleser,

hier kommt er nun, der (fast) letzte Blogpost auf meinem Nicaragua-Blog. Meine Zeit in Nicaragua ist rum. Ich bin wieder in Deutschland – nun schon seit drei Wochen. Ich fühle mich sehr wohl hier. Es war keine schwere Umstellung, aber sie war schon sehr intensiv. Vom Flughafen ging es nur eine Nacht nach Hause, dann stand das Rückkehrerseminar an. Ich war ein bisschen länger in Nicaragua geblieben, da ich wegen meines Master auch verspätet dort hin gereist war. Also erstmal wieder fast fünf Tage Seminar in Wiesbaden mit vielen Freiwilligen. Dort konnte ich mich mit den anderen Freiwilligen austauschen und die Erlebnisse des Jahres einordnen. Hauptsächlich wollte ich aber Schlaf nachholen und mich ein bisschen ausruhen. Dafür ließ sich zu meiner Erleichterung auch ein bisschen Zeit finden. Dann konnte ich endlich meine Freundin wiedersehen, die passenderweise auch gerade in Deutschland war. Fazit: Wir sind immer noch sehr gerne zusammen und jetzt trennen uns zumindest nur noch ein paar hundert Kilometer…
Seitdem verbringe ich meine Zeit in Ganderkesee bei meinen Eltern. Die Ruhe, die Tiere und der Sonnenschein der letzten Woche tun mir gut. Stück für Stück gehe ich jetzt auch meine berufliche Zukunft an, nachdem sich meine bisherigen Bewerbungen zerschlagen haben. In ganz Deutschland schaue ich nach journalistischen Jobs, die meinen Interessen und Fähigkeiten entsprechen. Ich hoffe bald etwas zu finden, aber mache mir auch keinen großen Stress. Man könnte meinen das hätte ich in Nicaragua gelernt, aber im Grunde konnte ich auch vorher schon Dinge ganz gut gelassen angehen.

Heute habe ich eine Postkarte bekommen. Diese Postkarte habe ich an meinem letzten Tag aus Nicaragua geschrieben – an mich selber, damit mich hier noch ein kleines Stück Nicaragua erreicht. Also denke ich zurück an die letzten Tage, an das letzte Jahr. Es ist schwer meine Erlebnisse in klare einfache Worte zu fassen und mal eben so einzuordnen. Auch wenn das viele Leute als Antwort auf die Frage „Wie war’s denn so in Nicaragua?“ erwarten. Die einfachste und auch ziemlich korrekte, wenn auch unvollständige, Antwort lautet: „Gut!“ Es war ein besonderes Jahr in dem ich mich sehr sehr oft, sehr glücklich gefühlt habe. Anders als in Argentinien gab es keine Momente, in denen ich meinen Entschluss wegzugehen bereut habe. Ich habe besondere Menschen und ein faszinierendes Land mit all seinen Problemen und Nöten aber auch Eigenarten und Errungenschaften kennengelernt. Ich durfte ein Jahr mit Menschen arbeiten, die sich gefreut haben, dass ich dort war. Ich durfte Arbeit machen, die mir Spaß macht. Ich konnte Sonnenuntergänge am Strand und die Wochenenden auf dem Surfbrett genießen und hatte immer noch Zeit und Geld für Reisen übrig. Ich bin glücklich diese Erfahrungen gemacht zu haben. Deswegen war auch mein Abschied nicht eben leicht.

Eigentlich fing es schon drei Tage vorher an. Die neue Freiwillige ist auf dem Weg nach San Juan und Erika, eine andere Freundin aus den USA, ist bereits zum Abschiedsbesuch eingetroffen. Ich muss noch letzte Vorbereitungen treffen und gleichzeitig die beiden Neuankömmlinge bespaßen. Ich führe die Freiwillige von Organisation zu Organisation und versuche ihr alles zu erzählen, was sie – wie ich meine – für einen guten Start hier in meinem geliebten Touristenort braucht.  Diese Runde ist gleichzeitig eine Abschiedstour für mich. Meine ehemaligen Kollegen und Chefs sehe ich hier zum letzten Mal – zumindest diejenigen, die ich nicht zur Feier am letzten Abend eingeladen habe. Ich habe mich entschlossen meinen Abschied im kleinen Kreis zu feiern. Das Haus der Gastfamilie scheint mir aber zu klein, also darf ich auf das Dach eines kleinen Hotels ausweichen. Meine Gastmutter plant ein kleines Abschiedsessen, wozu sie, wie sie sagt, ein bisschen Familie einladen wird. Bereits am Nachmittag sehe ich sie mit zwei Schwestern in der Küche stehen und Enchiladas machen. Ich begebe mich zu meinem letzten Sonnenuntergang. Links und rechts die Felsen, vor mir die Bucht mit den schaukelnden Booten und über mir die Palmen, am Horizont die rot glühende Sonne. Ein Eindruck, den ich hoffentlich nie vergessen werde. Danach geht es los: Zuhause haben sich bereits zehn Familienmitglieder versammelt. Ich bringe noch einen Kuchen mit, mein Gastbruder gibt den DJ. Aus dem „bisschen“ Familie werden über 30 Personen, immer wieder gibt es für mich Geschenke und gute Wünsche und vor allen Dingen zu Essen und zu Trinken (Enchiladas mit Krautsalat, dann Kuchen, Eis, Wackelpudding, Cola, Cola mit Rum…). Am Ende singen Jorge, ein Schwager meiner Gastmutter, und ich noch ein paar Lieder (er revolutionäre ich romantische), dann muss ich weiter.

Auf der Dachterrasse warten schon Freunde und Kollegen, auch ein paar Mitglieder meiner Gastfamilie begleiten mich. Wir trinken und reden noch ein paar Stunden, dann gehen wir erschöpft und leicht angetrunken vom nicaraguanischen Rum nach Hause. Am nächsten Nachmittag fährt mein Bus nach Managua. Vorher muss ich noch meinen Koffer fertig packen und das Übergewicht (des Koffers!!) irgendwie loswerden. Nach einem letzten Sprung in den Hotelpool und einem bedrückten Mittagessen mit meiner Gastfamilie geht es dann wirklich los: Erika, die amerikanische Freiwillige, bringt mich zum Bus und mein Gastvater trägt mir noch das Handy hinterher, dass ich fast am Ladekabel vergessen hätte. Vor mir steht eine vierstündige Fahrt nach Managua, eine Übernachtung, ein verspäteter Flug nach Miami. Dann eine ungeplante Übernachtung in Miami, weil der Anschlussflug schon weg ist. Am folgenden Tag ein neuer Flug nach London und von dort zurück nach Deutschland.

Ein letztes Mal posieren, dann ab in den Bus

Ein letztes Mal posieren, dann ab in den Bus

Ich freue mich darauf, Euch bald wieder persönlich zu sehen. Zum Schluss möchte ich noch einmal Danke sagen, dass ihr mich auf diesem Jahr aus der Ferne begleitet habt, dass ihr mir dieses Jahr ermöglicht habt. Vielleicht hattet ihr ja ähnlich viel Spaß beim Lesen, Sehen und Anhören, wie ich beim Schreiben, Fotografieren, Aufnehmen, Schneiden und Erleben.
Wenn ihr weiter wissen wollt, was ich so mache, hilft wahrscheinlich nur noch das Handy (alte Nummer), E-Mail oder Facebook – oder aber ihr schaut mal auf meinem zweiten Blog vorbei, den ich ein bisschen wiederbeleben werde: www.janisdietz.wordpress.com. Vielleicht erreicht mich aber auch aus Nicaragua noch die ein oder andere Geschichte oder Bitte, die werde ich dann noch auf diesem Blog posten.

PS: Beim letzten Nicaragua-Quiz gab es keine Teilnehmer (was war da los? 😉 ), deshalb gibt es auch keine Auflösung. Wer mag, kann mir bis zum nächsten Wochenende (Sonntag 14.09.!) noch seine Lösung einsenden. Wer dazu noch die beste Erklärung hat, warum die Mail so spät kommt, hat erhöhte Gewinnchancen! Mein Mitbringsel-Arsenal hat sich zwar schon ein bisschen verkleinert, aber es warten immer noch ein kleines Portemonnaie, eine Packung nicaraguanische Zigarren und allerhand anderer Kram auf einen Empfänger. Bei ansprechender Beteiligung gibt’s danach hier dann noch die letzten Lösungen!

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